Baden-Baden

Deutschland verstehen lernen. Heute: Der grüne Schwabe.

 

Warum wählt der Schwabe gerne grün?

 

von Dr. Christoph v. Gamm

  1. Juni 2019

 

Warum wählt der Schwabe gerne grün? Sagen wir mal: Aus ehrlicher Rache gegenüber der CDU, die ihm um sein Vermögen betrogen hat und weil er gerne ein pietistischer Heuchler ist. Denn das ist bequem. Um das zu verstehen muß man vor ungefähr 25 Jahren ansetzen. Es ging um den Aufbau Ost. Gut gemeint ist das Gegenteil von gut. Und die CDU hat es wie immer gut gemeint. Der Aufbau Ost brauchte Geld, viel Geld. Sehr viel Geld. Und wer hatte viel Geld? Ja klar die Schwaben. Sindelfingen war die Stadt mit den Zebrastreifen aus Carraramarmor, BaWü hatte (bis auf die A8 nach Baden) die schönsten Autobahnen, die besten ICE Strecken (Stuttgart-Mannheim) und sogar guten Wein. Mein Bekannter Jens-Ralph aus Hechingen führte mich durch die Pracht der Sternerestaurants im Ländle, es war so um 1995. Das Land war voll, man konnte also nicht mehr so richtig rund um Stuttgart, Tübingen, Karlsruhe investieren – sogar das Elsaß war schon fast wieder okkupiert “vom Daimler” und Heidelberg und Mannheim waren die Brutstadt von SAP, BASF, Heidelberger Druck… das Geld quoll den Schwaben regelrecht aus den Ohren! Die Autos hatten viele PS, die Uhren am Handgelenk waren dick, die Frauen trugen teure Dauerwellen und viel Schmuck, der Mallorcaurlaub war fest gebucht. Auch der in der Schattenlage residierende Mitarbeiter aus Anatolien war stolz auf seine Arbeit, die Arbeitslosigkeit lag bei ehrlichen 4%. Der Steuersatz war hoch (56%) – also kaufte man wie wild Ostimmos, das war ja steuerbegünstigt (z.T. 50% Abschreibung auf Ostinvestitionen im ersten Jahr und danach die restlichen 50% in den folgenden…)

 

Die schwäbische Mittelschicht, die Zahnärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Ingenieure, Meister, alle – ja sie alle haben sich die Ostimmos reihenweise aufschwatzen lassen, denn man konnte ja Steuern sparen! Und es war patriotisch, endlich konnte der Schwabe so richtig deutsch sein! Der Steuerspartrieb war größer als der Vermehrungstrieb, um das Bonmot des damaligen Finanzministers Theo Waigel aufzugreifen. Um die Jahrtausendwende habe ich in Böblingen gelebt und gearbeitet und das Hurrah damals live mitbekommen und natürlich den Katzenjammer danach inklusive Dot-Com Bust. Die Immos waren plötzlich nichts mehr wert – vor allem weil der Aufbau Ost eine politische Seifenblase war und die anderen Umverteilungsmaßnahmen  “Volksaktie” Deutsche Telekom oder KABEL NEW MEDIA – mein erklärter Liebling dank persönlicher Bekanntschaft – haben auch nicht gerade Höhenflüge im Depot angesetzt und so war der Schwabe sein Geld los.

 

Was bei den Vätern der Schwaben die Bomber der Amerikaner erledigt haben – Stuttgart, Pforzheim, Esslingen und weitere – haben Kohl, Waigel und Schäuble mit dem “Aufbau Ost” aus Sicht der Schwaben gemacht – eine Vernichtung ihres Vermögens. Achja und dann kamen noch die größenwahnsinnigen Edzard Reuter, Sohn des ehemaligen Kommunistenkämpfers und Berliner Sozi-Bürgermeisters Ernst Reuter und ähnlich im Hirn gestrickt, sowie der wirklich selbstherrliche Jürgen Schrempp dazu, die beide gemeinsam Daimler an den Rand des Abgrunds gebracht haben – erst mit AEG, DASA und debis (Reuter) und dann Schrempp mit Chrysler. Das was der Schwabe also durch harte Arbeit noch hätte erreichen können, war dann auch bald weg. Dazu kam das Versagen der Politik und die Vernichtung der Textilindustrie in der Alb – unter anderem durch die “Friedensdividende”, d.h. keine unterstützenden Käufe mehr durch die Bundeswehr. Eigenverschuldete Idiotien wie das Verpassen ganzer Märkte ließen dann die Uhrenindustrie verdampfen, die Firma Junghans, einst weltgrößter Uhrenhersteller war dann 2008 insolvent, und die Exportrestriktionen der Bundesrepublik ließen die Feinmechanik-Hersteller im Bereich Wehrtechnik auch nicht wachsen. Kurzum: nix mehr mit Milch,  Honig und Carraramarmor.

 

Was blieb also? Resignation, Emigration. Die schwäbische Mittelschicht, Ingenieure, Fachleute – inzwischen 50+ – haben ihre Konsequenzen gezogen und sich diskret verzogen, sich in ihre Fincas nach Mallorca aufgemacht, ihre Kinder lieber ins Ausland geschickt – entweder in die benachbarte Schweiz,  da ging es nach zehnjähriger Agonie wieder aufwärts oder gleich in die USA – und nur noch nach außen Solidarität geheuchelt. Grünwählen ist dabei dann das Sahnehauberl auf der Scheinheiligkeit. Milliardär Würth, der mit seiner Yacht schön vor Long Island viel Diesel verballert und dabei gleichzeitig Grün predigt, ist einfach nur der König unter den Scheinheiligen. Aus Sicht der Frauen, der Schwäbinnen – 51% der Wähler (!) und noch dazu deutlich grünlastiger als die Männer –   ein ähnliches Bild: Oft Opfer des finanziellen Niedergangs ihrer Männer oder Väter meinten sich viele durch Scheidung zu retten, was meist doch nicht geklappt hat. Dies hinterließ bei vielen eine Spur der Bitternis und des pietistischen Veganismus, mit schwäbischem Dialekt. Die Schwabengrüninnen sind daher mit die renitentesten unter allen. Klar, sie haben den Verlust an Ehre am meisten miterlebt, ohne dies so jemals greifbar gemacht bekommen zu haben. Ich habe da Mitgefühl, es kann nicht erfreulich sein, zu sehen wie der einst stolze Vater, der beim Daimler oder beim Bosch als Vorarbeiter oder Ingenieur gearbeitet hat, in Frühpension geschickt wird – weil der Vorstand versagt hat und das Ersparte weg ist!

 

Die Haltung der schwäbischen Mittelschicht ist also gegenüber CDU also Merkel, Schäuble, Strobel, Oettinger, Kohl etc. in etwa so: “Ihr habt angefangen uns zu verarschen, nun bekommt ihr es zurück. Dann eben mit CO2 Zertifikaten, EEG Prämien oder was sonst so geht. Und daher wählen wir grün. Dann hat wenigstens niemand mehr Spaß.” Ist natürlich destruktiv aber was will man schon von alten Leuten erwarten denen zwischenzeitlich mehr als die Hälfte des Vermögens von der Regierung abgezockt wurde?

 

Dr. Christoph v. Gamm, Dipl.-Ing. MBA ist eigentlich IT-Unternehmer und hat zehn Jahre im Schweizer Exil gelebt.